Nikon Z Kameras und manuelle Nikon AI/AIS Objektive

Nikon Z Kameras und manuelle Nikon AI/AIS Objektive

Mit den spiegellosen Nikon Z Kameras hat eine neue Ära begonnen. Die Z6 (für den Beitrag als Referenz Kamera genutzt) und alle anderen Z Modelle (außer bei der DX Kamera Nikon Z50) sind mit einem Bildstabilisator direkt am Bildsensor ausgestattet. Der 5-Achsen Stabilisator (bei Nikon VR genannt) kompensiert Verwacklungen in fünf Richtungen. Damit können jetzt auch über einen Adapter manuelle Nikon AI/AIS Objektive mit Nikon Z Kameras und damit VR genutzt werden.

VR hat mehrere Vorteile:

  1. Früher war die einfache Formel für ein verwacklungsfreies Foto, höchstens den sogenannten Kehrwert der verwendeten Brennweite als längste Belichtungszeit zu nutzen. Bei einem 200 mm Vollformatobjektiv z.B. wäre damit eine 1/250 Sekunde bei Blende 4 ohne den damaligen Stabilisator, ein Stativ, möglich gewesen. Mit der Nikon Z6 können mit den Z Objektiven bis zu 5 Lichtstufen gewonnen werden. Bei den Non-AI und AI/AIS Objektiven gehe ich von 3 Lichtstufen aus. Eine Lichtstufe entspricht einer Halbierung des Belichtungswertes und damit einer Verdoppelung der Belichtungszeit. Das wäre dann bei unserem Beispiel über die Belichtungszeit eine 1/30 Sekunde – mit einem manuellen 200mm Objektiv aus der Hand. Available Fotografie ohne Stativ ist mit den manuellen Objektiven dadurch möglich.
  2. Ist man wie ich in ein gewisses Alter gekommen – ich werde 64 – gestaltet sich das „aus der Hand fotografieren“ immer schwieriger – da nimmt man jeden Baum, jedes Straßenschild oder eine Hauswand dankbar als Hilfe an. Mit der Z6 muss ich nicht nach solchen Hilfsmitteln suchen – selbst auf Amrum am Strand bei Windböen gelingen scharfe Fotos im normalen Belichtungsbereich – da fotografiere ich mit Belichtungswerten wie früher, um auf der sicheren Seite zu sein. Ein scharfes Foto ist das Ergebnis.
  3. Die Stabilisierung bei der Nikon Z6 hat zwei Optionen: „Normal“ und „Sport“. Bei „Normal“ werden alle fünf Achsen ausgeglichen. Die Einstellung „Sport“ ermöglicht das „Mitziehen“, eine Bildvariante z.B. bei sich schnell bewegenden Objekten – Autos, Tieren oder Sportlern*innen. Hierbei gleicht der Bildstabilisator ungewollte Bewegungen auf der vertikalen Achse aus. Auf der horizontalen Achse ist er deaktiviert, um das Mitziehen durchführen zu können.

Der Nikon FTZ oder FTZii Adapter ermöglicht die manuelle Nutzung der alten F-Objektive ohne CPU. Nikon hat zum Adapter eine eigene Bedienungsanleitung herausgebracht, die die Nutzung der Non-Ai Objektive allerdings untersagt.

Nikon Z Kameras und manuelle Nikon AI/AIS Objektive: Hier eine kurze bautechnische Erklärung der Begriffe AI/AIS und Non-AI

Non-Ai bedeutet einen Blendenring mit einer rundum glatten Blendenringauflage mit Übertragung der Blendeninformation über das sogenannte „Hasenohr“(siehe Foto). Diese Objektive können nicht an den digitalen Nikon F-Kameras verwendet werden, da sie den Objektivring an der Kamera deformieren können.

Erst mit dem sogenannten „Automatic Indexing“, kurz AI, wurde ab 1979 ohne das Hasenohr durch die beiden Erhöhungen am veränderten Blendenring die Blende übertragen. Diese AI/AIS Objektive sind problemlos an den digitalen Nikon F-Kameras, die diese Objektive einlesen können, verwendbar.

Entgegen den Empfehlungen von Nikon lassen sich (inoffiziell und damit auf eigenes Risiko) fast alle Non-Ai-Objektive aufsetzen. Sie funktionieren einwandfrei und übertragen alle Blendenwerte. Der US-Amerikaner John White, der König der Umbau-Kits verschiedenster Kameratypen, bestätigt dies. Anbei ein Foto mit dem 20mm und 105mm Berg und Tal Objektiven – ein haptischer Genuss.

Nikon Z Kameras und manuelle Nikon AI/AIS Objektive
Nikon Z6 Kamera und Nikon 105mm 2.5 Non -AI

 

Nikon Z Kameras und manuelle Nikon AI/AIS Objektive
Nikon Z6 Kamera und Nikon 20mm 3.5 UD Non-AI

Trotz Adapter liegen beide Objektive sehr ausgewogen in der Hand und können mit Hilfe des Fokus-Peaking perfekt scharf gestellt werden.

Z – eine neue Objektivgeneration

Mit dem Z-System wurde der Lichteinfall durch die 55mm große Bajonettöffnung bis in den Randbereich optimiert und führt die Fotos damit in einen ganz neuen Schärfebereich. Außerdem wird dadurch schon bei der größten Blendenöffnung bis in den Randbereich optimiert – sei es bei der Vignettierung, der Randschärfe oder den Verzerrungen.

Hinzu kommt, dass alle für den professionellen Bereich konzipierten Z-S Objektive die Blende 1.8 als Standard einführen – und nicht wie früher 1.4. Schon bei dieser Blendenöffnung sorgen sie laut Nikon mit „dem geringen Auflagemaß, also dem Abstand zwischen Bajonett und Bildsensor, für eine sichtbare Minimierung des Lichtabfalls von der Bildmitte hin zu den Rändern. Das Ergebnis ist ein neues Potenzial für Details und feine Nuancen …“.(Zitat Nikon.de)

Warum dieses Schwärmen für die Objektive der Z-Serie?

Verbesserungen müssen klar benannt werden, technischer Fortschritt ist Weiterentwicklung zum Besseren – nicht immer, aber in diesem Fall. Die neuen Objektive ermöglichen auch ein „neues, erweitertes Fotografieren“ – eine extreme Freistellung mit dem Nikon Z 20mm 1.8 ist möglich und deshalb in diesem Punkt dem bis 2006 gebauten Nikon AF 20mm 2.8 D Objektiv weit überlegen. Eine neue andere Komposition ist möglich. Deshalb kommt es – wie schon immer – auf die Anwendung des Objektivs an. Ein Nikon 20mm AIS, von mir „Hosentaschenobjektiv“ genannt, kann man dagegen immer mitnehmen und man erreicht auch in dem Bereich, für den es gebaut wurde, hervorragende Ergebnisse.

Hier einige allgemeine Argumente für die Nutzung guter alter Objektive

  • Da ist zum ersten die Sehweise von heute zu nennen: wir sind es gewohnt, vom Zentrum bis zum Rand ein Foto mit den Augen abzuscannen und immer eine optimale Schärfe zu entdecken – wie bei den alten Suchbilderbüchern. Damit überfordern wir eigentlich unsere biologischen Fähigkeiten – das Auge kann nur einen einzigen Pixel scharfstellen – und wenn dieser gefunden ist, ist unser Blickeindruck und -ausschnitt scharf – jedenfalls für unsere Schärfewahrnehmung. Aus diesem Grund kann bei richtiger Anwendung jedes Objektiv einen Bildausschnitt für uns scharf abbilden.
  • Die heutigen Objektive versuchen, und erreichen dies auch oft,  über den gesamten Blendenbereich extrem scharf abzubilden. Die sehr guten alten Objektive sind bei der Anfangsblende im Zentrum scharf – erreichen aber im optimalen Blendenfenster – oft von 5.6 bis 11 – auch ein bis zum Rand scharfes Foto. Hier ist der Fotograf gefragt – wenn er den jeweils perfekten Arbeitsbereich seiner Objektive  kennt, sind immer extrem scharfe Fotos möglich. Deshalb kann das Nikon 105mm 2.5 AIS heute vom Schärfeverhalten richtig eingesetzt immer mithalten.
  • Arbeite ich mit Bokeh und Freistellung, kommt es auf ganz andere Kriterien an. Man/Frau möchte dann ein Detail, eine Bildwirkung oder beim Portrait die Augen hervorheben und im Restbereich ein schönes Bokeh erreichen. Das Tokina 90mm 2.5 ATX Macro und das Nikon AF 85mm 1.4 D Objektiv werden als Bokeh Könige beschrieben und sind unübertroffen. Portraits bekommen ein Flair, das nur mit diesen Objektiven zu erreichen ist.
  • Ein nicht unerhebliches Argument ist die Größe und das Gewicht der Ausrüstung. Der Kamerakörper der Z6 ist fast so klein wie die damalige analoge Nikon F3 – nein kleiner! Und vom Gewicht 100g leichter als die F3HP. Der FTZ Adapter mit seinen 135g braucht diesen Vorteil wieder auf. Aber mit den herausragenden AIS Objektiven wird eine Kameraausrüstung möglich, die in eine kleine Fototasche passt – und keinen Fotorucksack benötigt. Ein Nikon 28mm 2.8 AIS, ein 55mm 2.8 Micro Nikkor und ein 135mm 2.8 AIS Teleobjektiv – kleiner geht es kaum. Und an der Z6 alles mit Bildstabilisator!

Ein Vergleich der 85mm Objektive:

 

Jetzt zur entscheidenden Frage: Was können Nikon Z Kameras und manuelle Nikon AI/AIS Objektive leisten?

Ich habe mich, um ein konkretes Beispiel zu zeigen, für das Nikon Micro Nikkor 55mm 2.8 AIS entschieden. Es ist ein vielseitig einsetzbares Objektiv mit herausragender Schärfeleistung und Farbgebung. Die Fotos zeigen mit Blende 2.8 den größten Freistellungsbereich und mit Blende 8 den herausragenden Schärfebereich.

Die beiden Fotos zeigen die Leistungsfähigkeit – ich gebe zu – eines der besten AIS Objektive überhaupt – sehr deutlich. Das Nikon Nikkor 20mm 2.8 AIS, das 24mm 2.8 AIS, das 28mm 2.8 AIS, das 105mm 2.8 Micro Nikkor AIS, das normale 105mm 2.5 AIS, das 135mm 2.8 AIS und das 180mm 2.8 ED AIS liegen in einem ähnlichen Leistungsspektrum. Die beiden oben gezeigten Non-AI Objektive, das Nikon 20mm 3.5, das 105mm 2.5 und das 135mm 2.8 sind ebenfalls als Alternative zu nennen.

Bei der Nutzung der manuellen Objektive ist zu beachten, dass die eingestellte Blende nicht im Sucher angezeigt wird. Dort erscheint nur ein F… . Nikon hat bei der Z-Serie auf sämtliche mechanischen Steuerelemente verzichtet. Die Einstellung kann nur am Objektiv abgelesen werden. Deshalb fehlt die Blendenangabe auch bei den Dateiinfos des digitalen Fotos.

Ein Geheimtipp: Auch die Nikon AF-S Objektive können überzeugen

Die Objektive der AF-I, AF-S und AF-P Reihen erhalten am FTZ Adapter ihre Autofokus Funktion. Ein Objektiv aus der S-Reihe möchte ich deshalb als Preis-Leistungssieger besonders hervorheben: das Nikon AF-S 18-35mm 3.5-4.5 -G. Dieses Objektiv ist schon an den FX- Kameras der gehobenen und professionellen Kategorie, wie einer Nikon Df oder D810 ein herausragendes Objektiv. Es hat weniger Verzerrungen wie das legendäre Nikon 14-24mm AF Objektiv. An der Nikon Z6 optimiert sich die Abbildungsleistung noch einmal. Außerdem ist das Gewicht, die Baugröße und das Handling  selbst mit Adapter sehr angenehm. Ein weiterer großer Vorteil – aus dem Objektiv wird durch die Z6 ein VR-Objektiv.

Oft wird der untere Brennweitenbereich von 18mm als zu klein dargestellt – 4mm weniger wären besser. Aber mit jedem Millimeter weniger verändert sich auch die Anwendung des Objektivs – mehr an Blickwinkel ist nicht unbedingt besser. Mit 18mm hat man den Extremweitwinkelbereich betreten, der erst einmal erobert sein will. Das Spektrum von spektakulären Aufnahmen mit ungewöhnlichen Perspektiven kann schon hier mit 18mm Brennweite von Landschafts- über Architektur- bis zur Portraitfotografie erreicht werden. Auch hier gilt – welche Bildidee soll umgesetzt werden?

Fazit

Wie in vielen Bereichen sollte auch beim Fotografieren die Vielfalt der Möglichkeiten begeistern – ein sowohl als auch. Wenn ein altes Auto restauriert wird, geht es auch um ganz viele unterschiedliche Aspekte – alte Technik, die begeistert, ein Motorsound, den es so sonst nicht geben würde, die mechanische Präzision oder die Ästhetik. Daneben die modernen Elektroautos, die zeigen, was technisch möglich ist – aber auch nicht in allen Punkten das Non-Plus-Ultra sind. Ähnliches lässt sich über die analogen Kameras und manuellen Objektive sagen. Dazu kommt als Nutzer von Nikon Produkten – alle ab 1959 produzierten F-Objektive lassen sich sowohl an analogen als auch an digitalen Nikon Kameras nutzen. Mit den Z-Modellen ist über ein Adapter sogar die Nutzung des hochentwickelten VR-Systems mit diesen alten Objektiven möglich. Diese Vielfalt der Möglichkeiten ist nur mit dem Nikon-System zu erleben – und dafür bin ich als Nutzer sehr dankbar. Deshalb sowohl modernste Z-Technik als auch die Haptik und Qualität der AI/AIS Ära. Die Zusammenstellung der Kameraausrüstung hängt damit natürlich von den finanziellen Resourcen, aber vor allem von Anwendungsbereich/ -möglichkeiten und dem Nutzer selbst ab.

PS Alle Produktfotos von Kameras und Objektiven im Beitrag wurden mit dem Nikon AF 28-80mm G Objektiv und einer D90 gemacht.

Autor: Rüdiger Harth – Nikonanlog.de

© Rüdiger Harth für Nikonanalog.de

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2 Gedanken zu „Nikon Z Kameras und manuelle Nikon AI/AIS Objektive

  1. Ich bin Holger und mittlerweise 75 Jahre alt. Seit 3 Jahren besitze ich meine Nikon Z6.
    Diese Kamera liebe ich, wennn man Kameras überhaupt lieben kann.
    Meines Erachtens ist der Body der Z6 für meine mittelgroße Hand zu klein.
    Den kleinen Finger kann ich nicht am Griff unterbringen. Es könnte sein, dass
    sich Nikon die erst recht zu kleinen Kameras der alpha 7-Serie zum Vorbild
    genommen hat. Daher habe ich mir bereits vor 3 Jahren den Griff Meike MK-Z7G
    unter die Z6 „geschraubt“. Nun ist die Z6 insgesamt etwas schwerer, liegt jedoch
    besser in der Hand. Das soll keine unbezahlte Werbung sein, sondern nur ein Tipp für alle anderen Nikonianer.
    Im Übrigen überlege ich, ob ich mir hier ein manuelles Objektiv kaufen sollte oder ob
    ein AF-Objektiv der Z-Reihe geeignet ist.

    Herzliche Grüße
    Holger

  2. Wie schön, frühen Erinnerungen und den materiellen Relikten unbeschwerter Begeisterung einen aktuellen Gebrauchswert zuweisen zu können. Das verbindet unbeschwerte Jugendträume mit der Gegenwart, in der wir um die Bedingtheit von allem wissen. Ein 80-200mm f4.5 Nikkor-Zoom an der Z9 bringt die Leichtigkeit der Abiturzeit in’s Heute zurück. Danke Nikon, für die Konstanz beim F-Bajonett, den FTZ-Adapter und die herausragende Produktqualität über so lange Zeit, die dazu geführt hat, dass wir uns von den Nikon-Juwelen nie trennen konnten!

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